Das elektronische Patientendossier – Ein Selbstversuch

Dieser Blog Beitrag beschäftigt sich mit dem elektronischen Patientendossier (EPD), welches in der Schweiz am 15. April 2017 eingeführt wurde (bzw. das dazugehörige Gesetz (EPDG) und die Umsetzungsbestimmungen wurden durch den Bundesrat per diesem Datum in Kraft gesetzt). Immer wieder hört man, wie wichtig es wäre, dass sich möglichst viele Bürger ein EPD zulegen würden. Das Gesundheitswesen würde dann qualitativ hochwertiger und einige Prozesse effizienter. Insgesamt ein grosser Gewinn, welcher sich zudem in Form von niedrigere Kosten (oder zumindest weniger stark steigenden Kosten auswirken würde.

Höchste Zeit für einen Selbstversuch. Schliesslich bin ich Neuerungen gegenüber aufgeschlossen und technisch einigermassen affin.

Prelude

Ein Kollege von mir war Arzt, Anästhesist. Er verstarb leider viel zu früh. Irgendwann am Ende des letzten Jahrtausends hatten wir beide eine Diskussion, wie das Gesundheitswesen verbessert werden könnte. Er sagte damals zu mir: “Weisst du, wenn einfach jeder mit einer CD in den Spital kommen würde, auf welcher alle seine Gesundheitsdaten drauf wären, das würde so viel einfacher und besser machen!“. Ich verfasse diesen Blog Beitrag auch im Gedenken an ihn – offensichtlich war er ein innovativer Vordenker.

Was kann das EPD?

Schauen wir doch, was das Bundesamt für Gesundheit (BAG) dazu sagt:

Das elektronische Patientendossier ist ein wichtiges Instrument der Gesundheitsversorgung. Alle für eine Behandlung wichtige Informationen können darin abgelegt werden und sind jederzeit für Patientinnen und Patienten sowie für dazu berechtigte Gesundheitsfachpersonen abrufbar.

Alle wichtigen Informationen (kommentieren wir jetzt mal obigen Fallfehler nicht) können abgelegt werden. Dazu kommen wir später dann noch einmal, denn es ist schlicht und ergreifend nicht wahr.

Weiter führt das BAG aus, was man mit dem EPD erreichen möchte:

  • die Qualität der medizinischen Behandlung stärken,
  • die Behandlungsprozesse verbessern,
  • die Patientensicherheit erhöhen,
  • die Effizienz des Gesundheitssystems steigern und
  • die Gesundheitskompetenz der Patientinnen und Patienten fördern.

Das tönt doch vielversprechend, also legen wir doch einfach los…

Ouvertüre

Der erste Schritt zum Glück ist die Eröffnung eines EPD. In der heutigen Zeit, wo man bei der Bank innerhalb von Minuten ein Konto online erstellen kann, dürfte dies ja kein Problem sein.

Aber weit gefehlt. Insgesamt wird es drei Tage dauern, bis ich ein Dokument in meinem EPD ablegen kann, aber dazu gleich mehr.

Auf der offiziellen Informationsplattform zum EPD sind die sechs Schritte zum EPD beschrieben:

  • Wahl des Anbieters
  • Eröffnungsstelle finden
  • Elektronische Identität beziehen
  • Einwilligung für das EPD
  • EPD eröffnen
  • EPD einrichten

Anbieter

Zum Zeitpunkt meines Selbstversuches (Frühling 2024) sind sieben Anbieter verfügbar. Wenn man Deutsch als Sprache auswählt, verbleiben noch fünf. Die Kombination aus “online Anmeldung” und “bietet eine App” sucht man vergeblich. 25 Jahre nach der Lancierung des ersten Smartphones und 17 Jahre nach dem ersten iPhone! Schon an diesem Punkt merkt man, wie schlecht es um die Digitalisierung in unserem Gesundheitswesen steht. Digitale Steinzeit, ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit den Behörden.

Die armen Tessiner: Ihre Eröffnungsstelle bietet weder online Eröffnung noch App an!

Eröffnungsstelle

Ich habe mich für die App entschieden. Und damit für einen Anbieter, welcher zwar nicht online, aber zumindest in vertretbarer Nähe zu meinem Arbeitsweg mehrere Stellen anbietet, um sich ein EPD zu eröffnen. Und über die Öffnungszeiten kann man sich wirklich auch nicht beklagen.

Ich gehe davon aus, dass die “Eröffnungsstelle” für die online Eröffnung ebenso problemlos ist.

Identität

Ich muss nicht lange anstehen, und als ich an der Reihe bin, weiss die Mitarbeiterin der Eröffnungsstelle sofort, was zu tun ist (nota bene: Eröffnen von EPDs ist nicht ihr Hauptberuf). Erwartungsgemäss muss ich einen amtlichen Ausweis vorweisen und ein Formular unterschreiben, welches sie anhand von meinen Angaben ausfüllt. Während sie alles im System erfasst soll ich doch schon mal zwei Apps herunterladen, eine sei das EPD selber und die andere für die elektronische Identität.

Gesagt getan.

Weiter kommen wir aber leider an diesem Tag nicht, es gibt Probleme bei der Eröffnung: “Das System für die Registrierung läuft heute irgendwie wieder mal nicht.“. In mir keimen leise Zweifel auf, ob ich aus technischer Sicht den richtigen Anbieter ausgewählt habe.

Die Dame ist aber nicht um eine Lösung verlegen, lässt mich ein weiteres Dokument unterschreiben und verspricht mir, dass ich per E-Mail Anweisungen betreffend weiterem Vorgehen erhalten würde. Falls es irgendwelche Probleme gebe, dann solle ich mich einfach wieder an sie wenden.

Einwilligung

Am Abend des nächsten Tages rufe ich in der Eröffnungsstelle an, ich werde tatsächlich mit der selben Mitarbeiterin verbunden. Ob ich denn schon im Spam Ordner nachgesehen hätte? Habe ich. Sie könne mir die Informationen einfach noch einmal zustellen, aber seltsamerweise finde sie das E-Mail an mich nicht mehr in den gesendeten E-Mails. Warum wohl, fragt sich der Laie…

Ich bleibe am Telefon während die Mitarbeiterin einen weiteren Sendeversuch unternimmt, und siehe da: Kaum macht man es richtig, schon gelingt es.

Was ich nun per E-Mail erhalten habe, ist die Einwilligungserklärung, welche ich eigentlich am Tag zuvor vor Ort hätte unterschreiben können – wenn das System funktioniert hätte. So drucke ich halt das Dokument aus, unterschreibe es, scanne es und schicke es per E-Mail zurück an die EPD Eröffnungsstelle.

Und weiter?

Welche weiteren Probleme sich in den ersten Schritten der Nutzung ergeben haben, das beschreibe ich hier zu einem späteren Zeitpunkt.

  • Probleme bei der Nutzung
    • …vielen Dank für die Fehlermeldungen, welche wir an den technischen Support weitergeleitet haben…”
    • …eine Datei mit 45MB ist zu gross für das EPD…
  • Probleme bei der Verbreitung
    • “…wir sind da noch nicht richtig dabeikommen sie doch vorbei, dann kopiere ich ihnen die Daten auf einen Stick” – und wieder denke ich an meinen verstorbenen Kollegen.

Links

Die in diesem Blogbeitrag verlinkten Seiten werden hier chronologisch (sortiert nach ihrem Auftreten im Text) aufgelistet:

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